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ISG-Schmerzen – Mythos oder Evidenz?

Das Iliosakralgelenk (kurz: ISG, SIG) befindet sich zwischen unserem Darmbein (Ilium) und dem Kreuzbein (Sacrum).

Das beidseitig angelegte Gelenk gilt mit einer Gesamtbeweglichkeit von etwa 2° bzw. 2 mm als äußerst straff und fest (Raj, 2022). Der kräftige Bandapparat limitiert die Beweglichkeit und gewähr- leistet so einen stabilen Beckenring, auf dem der gesamte Oberkörper ver- ankert ist.

Viele Menschen mit Rücken-, Becken-, Leisten- und Beinschmerzen verdächti- gen ihr Iliosakralgelenk als Schmerzur-

sache (O'Sullivan, 2007). Die medizini- schen Berufsgruppen sind jedoch sehr gespalten, wodurch sich drei Denk- schulen herauskristallisierten (Laslett, 2008):

Gruppe 1 erachtet den ISG-Schmerz als irrelevant bzw. als nicht möglich.

Gruppe 2 vertraut auf die Injektion von Schmerzmittel ins Gelenk, um eine Beteiligung des ISG am Schmerzgeschehen belegen zu können.

Gruppe 3 vertraut auf die manuelle Untersuchung der Beckengelenke, um eine Fehlfunktion des ISGs zu erkennen.

Meiner Ansicht nach kommt das ISG sehr wohl als Ursache für Leisten- schmerz, Oberschenkelschmerz oder auch Rückenschmerz in Frage, jedoch seltener als vermutet. Wichtig ist die Unterscheidung zwischen einer ISG- Blockade und einer Überbeweglichkeit im ISG. Blockaden verringern die Elastizität des Beckengürtels, wohingegen eine Überbeweglichkeit zur Überlastung des Kapsel-Band-Apparates führen kann. Frauen, die nach der Geburt ihres Kindes ISG-Schmerzen entwickeln, profitieren von gezielten Stabilisationsübungen deutlich mehr (Laslett, 2008) als von Beckenübungen ohne Fokus auf die Stabilität.